100 Euro für die Beerdigung und ein großes schwarzes Auto

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Als Sabine mit beiden Kindern oben in meinem improvisierten Wohnzimmer sitzt, stellt Leon fest: „Jetzt habt ihr ja keine Eltern mehr.“ Eine schlimme Vorstellung für ein Kind. Und sogleich macht er sich Gedanken um die Beerdigung. Die würde doch bestimmt viel Geld kosten, meint er. 100 Euro vielleicht? Sabine sagt ihm, dass sie nicht genau weiß, was eine Beerdigung kostet. Jedenfalls viel mehr als 100 Euro. „Ich kann von meinem Kommuniongeld etwas dazugeben“, bietet er an.  Wahrscheinlich hat er mitbekommen, dass wir Geschwister uns in den letzten Tagen auch genau diese Frage gestellt haben. Bislang hat noch niemand von uns eine Beerdigung organisiert. Da sind so viele Fragen.  Sabine ist gerührt und drückt ihn an sich. Ein paar Tage vor Mamas Tod hatten die Kinder noch Sprachnachrichten gemacht, die Doro Mama vorgespielt hatte. Zuletzt hatten die beiden Mama bei mir besucht, als sie noch aufstehen und sich mit allen unterhalten konnte. Jetzt haben die zwei Abschied genommen von ihrer Oma. Eine letzte Nacht bleibt sie noch bei uns. Als ich morgens aufstehe, gehe ich leise in ihr Zimmer. Ihre Fingerspitzen sind bläulich verfärbt, ansonsten sieht sie noch genauso aus, wie vor ein paar Stunden. Doro kommt vorbei, bringt uns frische Brötchen und Orangensaft zum Frühstück. Das tut uns gut. Denn regelmäßig oder überhaupt etwas zu essen, das ist uns in den letzten Tagen schwergefallen. Mit viel Kaffee hatten wir versucht, uns immer wachzuhalten. Während der Arzt den Totenschein ausstellt, versorgt Schwester Birgit meine Mutter ein letztes Mal. Sie entfernt den Katheter und die Schmerzpumpe. Maria kommt noch einmal vorbei. Sie schenkt Mama ein kleines Kreuz aus Olivenholz, das wir ihr in die Hände legen.  Irgendwann hält dann das große schwarze Auto vor der Türe. Bei dem Anblick breche ich in Tränen aus. Dieser Abschied ist so endgültig. Ich werde Mama nie wieder sehen. Es tut so weh. Mit dem Bestatter vereinbaren wir ein Gespräch für den nächsten Tag. Jetzt, in diesem Moment, einen klaren Gedanken zu fassen, das ist unmöglich.