Sanftes Geleit auf 8 Pfoten

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Immer hat Mama sich gefreut, wenn sie nicht nur mich, sondern auch meine beiden Katzen Kiki und Balu besuchen konnte. Für die beiden Samtpfoten gab es dann immer sehr viele Leckerchen. Kiki bedankte sich dafür mit Zuneigung. Stundenlang saß sie auf dem Schoß meiner Mutter und schlief auch gerne mit in ihrem Gästebett auf dem Sofa. Balu, der eher etwas zurückhaltend ist, unterhielt sie dafür mit seinem Spiel, dem Mama nur allzu gerne zuschaut. Und so ist es auch jetzt wieder, bei Mamas letztem Besuch. Kiki nutzt jede Gelegenheit, um auf ihrem Schoß zu schlafen. Doch irgendwann hat Mama keine Kraft mehr, die Katze wird ihr zu schwer auf den immer dünner werdenden Beinen. Kiki bekommt einen Stuhl direkt neben Mamas Fernsehsessel gestellt. Die alte Katzendame akzeptiert das neue Lager und weicht Mama nicht mehr von der Seite. Doch irgendwann, da will Kiki nicht mehr in Mamas Zimmer. Sie legt sich wie ein Wächter in den Flur vor die Türe. Alle Bemühungen, sie in ein warmes Zimmer oder gar auf das weiche Sofa zu locken, scheitern. Es scheint, als spüre das Tier, das hier ein Leben zu Ende geht. Balu lassen wir nur noch mit ins Zimmer, wenn wir dabei sind. Zu groß ist die Sorge, dass er- so verspielt, wie er ist- unvermittelt auf Mamas Bett springen könnte. An einem Tag, als Mama schon ganz weit weg zu sein scheint, hole ich den flauschigen Kater an ihr Bett. Vielleicht möchte sie ihn noch einmal streicheln, sein weiches Fell spüren. Ich hebe ihn hoch und Sabine nimmt Mamas Hand und lässt sie über das Fell gleiten. Wir haben das Gefühl, dass Mama ihn spürt und diese Berührung genießt. Balu lässt sich dies alles gefallen. Er bleibt ganz ruhig. Als ich ihn absetzen will, läuft er nicht weg. Wie ein Besucher bleibt er eine ganze Weile auf dem Stuhl vor dem Bett sitzen. „Mama, Balu ist bei dir“, sage ich ihr. Irgendwann geht er auf leisen Katzenpfötchen aus dem Zimmer. An dem Abend, an dem Mama ihren letzten Atemzug getan hat, kommt plötzlich auf ganz wackeligen Beinen die alte Kiki an ihr Totenbett. Sie setzt sich in unsere Mitte, den Kopf in Richtung Mama gewandt und maunzt. Gemeinsam mit uns sitzt sie anschließend still vor Mama und nimmt Abschied. Irgendwann geht sie wieder auf das Bänkchen im Flur. Ein paar Tage nach Mamas Tod müssen wir die alte Katze einschläfern lassen. Auch ihre Kraft ist zu Ende gegangen, die Bemühungen des Tierarztes, sie aufzupäppeln, scheitern. „Sie ist jetzt wieder bei Mama und sitzt auf ihrem Schoß“ tröste ich mich. Als wir später Mamas Grab einfassen lassen, lassen wir vom Steinmetz auch ein paar Katzenpfötchen in den Sandstein gravieren. Es sieht so aus, als sei gerade eine Katze am Grab zu Besuch gewesen.  Wir denken, Mama hätte dies gefallen.