4 Kinder am Sterbebett und Psalm 23

eingetragen in: Blog 0

Ich habe ja schon erwähnt, dass wir das Gefühl haben, dass vielleicht irgendwas oder irgendwer noch fehlen könnte, damit Mama loslassen kann. Auch Schwester Birgit fragt uns eines Morgens, ob denn unsere ältere Schwester sich noch verabschieden wollte. Während unser Bruder mehrmals zu Besuch war, als Mama noch ansprechbar war, will unsere ältere Schwester „sie lieber so in Erinnerung behalten, wie sie war“. Für uns eine verzwickte Situation. Denn irgendwie haben wir das Gefühl, dass sich Mama auch von ihr verabschieden möchte. Schließlich können wir sie überzeugen, zu uns zu kommen. Und auch unser Bruder kommt vorbei. So können alle vier Kinder an Mamas Bett stehen. Ich versuche, mich mit allen zu unterhalten, damit sie alle Stimmen hören kann. Wir sagen ihr, dass wir alle zusammen sind und alle gut zurechtkommen und sie sich keine Sorgen machen muss. Und wir reden ein bisschen über das Wetter und die Autobahnfahrt, die hinter meinem Bruder und meiner Schwester liegen. Es fühlt sich richtig an. Obwohl Mama seit dem Tod ihres Lebensgefährten doch sehr mit ihrem Glauben und der Kirche gehadert hat, rufen wir unseren Pfarrer an. Gläubig war sie eigentlich immer und wir wollen sie nicht ohne Gottes Segen gehen lassen. Wir hoffen einfach, dass sie damit einverstanden ist. Und so kommt der Pfarrer, der auch meine Kinder konfirmiert hat, stellt sich ihr in seiner ruhigen und freundlichen Art vor und spricht Psalm 23. Gemeinsam beten wir das Vater unser und irgendwie haben wir das Gefühl, dass Mama entspannter wirkt und ihr Atem ruhiger wird. Wir plaudern noch ein wenig mit dem Pfarrer. Schließlich fragt er uns, welche Musik unsere Mutter gerne hört. Mir fällt darauf keine Antwort ein. Mein Kopf ist einfach nur leer. Sabine kann sich später daran erinnern, dass sie gerne Cliff Richards „The Millennium Prayer“ gehört hat. Wir spielen es ihr vor. Und währenddessen kullern mir wieder die Tränen über die Wangen.